Sonne quadrat thumbMariä Geburt 8.9.

Morgenrot und Sonne der Gerechtigkeit

Der Sinn von Marienfesten wie Unbefleckte Empfängnis oder Heimsuchung eröffnet sich modernen Zeitgenossen nicht ohne weiteres. Dass die Kirche aber den Geburtstag Marias feiert, sollte doch recht einsichtig sein. Dennoch führt das Fest Mariä Geburt ein Schattendasein.

Ein uraltes Geburtstagsfest

Nicht viele Geburtstage stehen im Festkalender der Kirche. Genaugenommen sind es drei: der 25. Dezember, das Fest der Geburt Jesu, der 24. Juni, das Fest der Geburt Johannes des Täufers und der 8. September, das Fest der Geburt der Gottesmutter Maria. Dieses Fest Mariä Geburt entwickelte sich seit dem 5. Jahrhundert und verbindet uns heute ökumenisch mit den vielen orthodoxen Kirchen und der anglikanischen Kirche. Der Gedenktag der meisten übrigen Heiligen ist ihr jeweiliger Todestag. Es ist der Tag, an dem sie, im vorbildlichen Leben und Sterben bewährt, zu Gott heimkehren. Ihr heiligmässiges Leben steht im Mittelpunkt des Gedenkens. Bei Marias Geburtstagsfest ist das anders. Sie hat noch nichts geleistet und wird schon gefeiert. Ja, genau genommen wird schon der Moment ihrer Zeugung gefeiert, neun Monate vor dem Fest ihrer Geburt, mit dem Hochfest der Unbefleckten Empfängnis am 8. Dezember. Streng genommen steht gar nicht Maria im Mittelpunkt dieser Feiern, sondern Gott, der sie vor allem Verdienst beim allerersten Beginn ihres Seins erwählt. Deutlicher kann Gnade jenseits von aller menschlichen Leistung nicht ausgedrückt werden als durch die Berufung vom Mutterleib an.

Maria, eine von uns

So steht Maria als die Begnadete, als die Gebenedeite unter den Frauen, ja unter allen Menschen seit Jahrhunderten von einem Strahlenkranz umgeben in vielen Kirchen auf einem hohen Sockel, weit weg von betenden Gläubigen. Manchmal ist sie so überhöht, dass einen der Verdacht beschleichen könnte, man hätte eine Göttin vor sich. Dabei kann gerade das Fest ihrer Geburt uns an ihre wirkliche und eigentliche Bedeutung erinnern. Maria wurde von Menschen als Mensch gezeugt und sie kam als Mensch zur Welt. Sie war ganz und nur Mensch. Alles was sie wurde, wurde sie durch Gott. Ihr Beitrag war nicht mehr und nicht weniger als die Offenheit für ihn und sein Wirken. So ist das Fest der Geburt Marias letztlich ein Fest des Dankes für Gottes Gnade. Und das ist im Grunde jedes Geburtstagsfest: am Geburtstag eines lieben Menschen feiern wir natürlich irgendwie diesen Menschen, aber letztlich ist es für Gläubige ein Fest des Dankes an Gott, der uns diesen Menschen geschenkt hat. Das Geburtstagskind selbst kann ja nichts dafür, dass es ist.

Maria, die Morgenröte des Heils

Aber natürlich ist die Berufung Marias eine besondere. Allerdings entfernt ihre Berufung sie nicht von uns, sondern sie bindet sie noch enger an uns: denn ihre Erwählung ist kein Selbstzweck. Sie geschieht mit einem klaren Ziel: für uns und zu unserem Heil. Es ist dieser Blickpunkt, der manchmal in der Marienfrömmigkeit etwas untergeht, der aber wesentlich ist und den auch die Liturgie des Festes Mariä Geburt immer wieder betont. Nur ein Bild, das die Liturgie des 8. September gebraucht, sei hier aufgeführt. Sowohl die Präfation, also der grosse Lobgesang am Beginn des Hochgebets (siehe Kasten), als auch das Schlussgebet am Ende der Messe sprechen von Maria als der „Morgenröte“. In der Präfation wird gesagt, dass in ihr „die Morgenröte der Erlösung“ aufleuchte, im Schlussgebet wird sie als „Morgenröte des Heils“ bezeichnet. Wie im Morgenrot am Ende der Nacht scheint in Maria am Horizont das Licht von Erlösung und Heil auf. Und wer von uns wollte angesichts der Nachrichten, die uns immer wieder erreichen, die Notwendigkeit von Erlösung und Heilsein in einer Welt wie der unseren verneinen?

Christus, die Sonne der Gerechtigkeit

Das Bild der Morgenröte, das die Liturgie aus dem Hohenlied entlehnt (Hld 6,10), ist auch faszinierend, weil es uns daran erinnert, wer im Zentrum aller Marienverehrung stehen muss. Die Morgenröte hat keine Kraft aus sich selbst. Sie besteht eigentlich nur aus den in der Atmosphäre gebrochenen Strahlen der Sonne, deren Aufgang sie vorbereitet und ankündigt. Mit dem Bild der Morgenröte erinnert uns die Liturgie am Fest Mariä Geburt daran, dass Maria ihre Kraft und Bedeutung erhält aus Jesus Christus, den sie gebären wird und den die Präfation schliesslich in Anlehnung an den Propheten Maleachi „Sonne der Gerechtigkeit“ (Mal 3,20) nennt. Christus bringt das Heil, er ist der Erlöser, in ihm sind Gottes Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Liebe Fleisch geworden. So verstanden stellt die Berufung Marias sie nicht auf einen fernen Sockel, sondern bringt sie ganz nahe zu uns. Denn damit unser Leben hell werde, wurde Maria erwählt, die Morgenröte der Sonne der Gerechtigkeit zu werden, die Mutter des menschgewordenen „Gottes-mit-uns“. Bei so viel Licht und Sonne, an die uns das Fest Mariä Geburt erinnern, lohnt es sich dann schon, den 8. September aus dem Schatten der übrigen Marienfeste herauszurücken…

Martin Conrad 

Stichwort

  • Ursprung in Jerusalem im 5./6. Jahrhundert
  • In Rom im 7. Jahrhundert eingeführt
  • Das Fest erhält seine Bedeutung von Weihnachten her (Geburt Jesu aus Maria)
  • Maria ist „Morgenröte des Heils", weil mit ihr die neue Heilszeit in Jesus Christus beginnt.

Geistlicher Impuls

Präfation des Festes "Mariä Geburt"

"In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, Vater im Himmel, zu danken und am Fest der seligen Jungfrau Maria das Werk deines Erbarmens zu rühmen. Du hast sie aus allen Menschen erwählt und gesegnet vor allen Frauen. In ihr leuchtet auf die Morgenröte der Erlösung, sie hat uns Christus geboren, die Sonne der Gerechtigkeit. Durch ihn preisen dich deine Erlösten und singen mit den Chören der Engel das Lob deiner Herrlichkeit…"

Links

Liturgische Texte

Tweet von Papst Franziskus zum Fest "Mariä Geburt" 2013