Ambo in der Minoritenkirche thumbAmbo

Wortspeicher - Christusträger - Gedächtnisort

Von Kunst mag man bei vielen Ambonen nicht sprechen. Der Ambo von Michael Kienzer in der Minoritenkirche in Graz dagegen ist Kunst auf dem Weg zu einer Meditation des Wortes Gottes.

Wortspeicher

"WORT – GOTT – FLEISCH – ZEIT – RAUM – ERINNERUNG hat Michael Kienzer in diesen Ambo, gleichsam als Wortspeicher, verborgen, so als ob aus ihm heraus das Wort, das immer neu zu sagen ist, je neu entlassen wird. Es ist gleichsam eine Kurzfassung des Johannesprologs unter den Bedingungen von Raum und Zeit: 'Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt' (Johannes 1,14)." (Johannes Rauchenberger)

Noch ein anderes Wort mag man zu diesem Kunstwerk assozieren: "Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn ..." (Hebräerbrief 1,1-2) Als Wortspeicher verwahrt dieser Ambo nicht nur ein einzelnes Wort. Unter dem einen Wort auf der Aussenfläche liegen weitere Worte. Das Wort Gottes ist vielfältig und vielschichtig. Es besitzt eine Tiefenschichtung bis in die Zeiten der Väter und der Propheten hinein. Auf den ersten Blick oder beim erstmaligen Hören erschliesst sich nicht jedes an diesem Ort gesprochene Wort. Speicher wollen entdeckt sein. Auch Wortspeicher.

Christusträger

Funktional betrachtet braucht ein Ambo eine Ablagefläche, auf der die Bücher für die Lesungen - Lektionar und Evangeliar - aufliegen können. Ist das in diesen Büchern Gespeicherte, das Wort Gottes, bei Kienzers Ambo von oben in den Träger der Bücher hineingefallen - wie das Wort Gottes vom Himmel kam und im Schoss einer Frau Fleisch annahm? Doch dann stimmt die Richtung der Buchstaben nicht. Sie sind von unten nach oben gesetzt. Das Wort Gottes, das einst in Zeit und Raum Fleisch angenommen hatte, es wächst hier von unten nach oben. Das Wort als tragende Säule für die liturgischen Lese-Bücher. Das Wort, das einst Mensch wurde, trägt die im Buch gespeicherte Botschaft. Die Vortragenden treten zurück hinter jenem Wort, das der Ambo anzeigt. Christus selbst spricht, wenn an diesem Ort aus den heiligen Schriften verkündet wird. Er lässt sich nicht so leicht in unsere schönen horizontalen Zeilen einreihen, er schreibt Zeilen von der Erde zum Himmel hinauf. Ihn hören, heisst auch, sich umwenden.

Gedächtnisort

Buchstaben-Schriften liegen auf ihm, Buchstaben bilden hier auch den Träger. Die hinter dem Ambo stehen, fügen den Klang hinzu. Den Geist nicht, über den verfügen sie nicht. Aber er ist da. Seit der, der Fleisch geworden war, ihn immer wieder neu auch in unserer Zeit aufflammen lässt und ihm Raum gibt in unserer Mitte - der Mitte der Versammlung und der Herzmitte -, seit Pfingsten. Das ist wohl lange her. Die Erinnerung an so manches Geschehen, von dem die Bücher auf dem Ambo berichten, wäre gänzlich verdeckt, wie die Buchstaben des Wortes ERINNERUNG, wenn der Geist unserer Erinnerung nicht immer wieder aufhelfen würde. "Der Heilige Geist ist das lebendige Gedächtnis der Kirche. ... Der Heilige Geist erinnert die liturgische Versammlung zunächst an den Sinn des Heilsereignisses, indem er dem Wort Gottes Leben gibt, damit es aufgenommen und ins Leben umgesetzt werden kann." (Katechismus der Katholischen Kirche Nr. 1099-1100) Der Ambo als Ort des lebendigen Gedächtnisses: Die ganz hinten eingeschriebene Erinnerung spielt sich in den Vordergrund des Lebens. Das Wort Gottes will wieder Ereignis werden. Deshalb braucht es diesen Ort.

Gunda Brüske

Stichwort

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  • Ambo von Griechisch anabainein=hinaufsteigen
  • Ort für Lesungen und Antwortpsalm, auch für Predigt und Fürbitten
  • Ambo und Altar sollen sich entsprechen

Wider-Worte

"Signalisiert der Ambo, dass das gelesene und ausgelegte Wort Gottes von der Welt gehört werden will?"

Albert Damblon

Facts

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Bild: Herz Jesu München

32. Für die Verkündigung des Wortes Gottes muss es im Kirchenraum einen Ort geben, der der Bedeutung des Wortes Gottes angemessen ist und den Gläubigen bewußt machen kann, daß in der Messe der Tisch sowohl des Wortes wie des Leibes Christi bereitet wird. Dieser Ort muss erhöht, feststehend und würdig sein und ganz seinem Zweck entsprechen. Insbesondere muss er der Gemeinde das aufmerksame Hören im Wortgottesdienst leicht machen. Daher soll für jede Kirche eine Lösung gesucht werden, bei der Ambo und Altar einander entsprechen und in richtiger Beziehung zueinander stehen.

Pastorale Einführung ins Messlektionar

Links

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Bild: Ambo von Toni Menacher, München-Solln
© Foto: Wolfgang Pulfer

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