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Hintergrund

Kirche sein im Feiern und Verstehen

Hintergrund

Kirche sein im Feiern und Verstehen

Baptisterium Riva S. Vitale thumbTauforte

Wasser-Wege

Taufe sinnlich erleben: Becken und Bottiche tragen seit Jahrhunderten dazu bei. Stufen, Formen, Bilder auf Taufbrunnen zeigen, was bei der Taufe geschieht.

Entrée

Der Ort der Taufe verrät etwas über das Geheimnis der Taufe. Viele Taufbrunnen stehen am Eingang eines Kirchenraums: die Taufe ist das Tor zum christlichen Leben, sie ist der Beginn, aus dem Christen ein Leben lang Kraft und Hoffnung schöpfen. Auch der Beginn einer Kindertaufe findet deshalb am besten am Eingang des Kirchenraums statt: die Fragen an Eltern und Paten sowie die Bezeichnung mit dem Kreuz. Auch die Worten zum Kreuz, das auf die Stirn gezeichnet wird, haben etwas von einer Begrüssung am Eingang: "Mit grosser Freude empfängt dich die Gemeinschaft der Glaubenden. Im Namen der Kirche bezeichne ich dich mit dem Zeichen des Kreuzes." (Taufrituale 2007)

Auch das Weihwasserbecken ist am Eingang angebracht: Wer das Wasser nimmt und sich bekreuzigt "im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes" erinnert sich für einen kurzen Augenblick an seine Taufe. Diese Worte wurden am Anfang des christlichen Lebenswegs über jeder und jedem ausgesprochen. Diese Worte wiederholen wir, wenn wir mit Wasser ein Kreuz über uns zeichnen - und unseren Weg als Getaufte weitergehen.

Lebendiges Wasser

Frühchristliche und auch manche moderne Taufbecken haben einen Zulauf, so daß Wasser in den Taufbrunnen hineinfliessen kann. Auch beim Baptisterium von Riva S. Vitale am Südende des Luganer Sees wurde ein Wasserhahn gefunden. Quellfrisches Wasser hat seine Faszination auch heute, wo wir aus dem Wasserhahn jederzeit sauberes Wasser bekommen, nicht verloren. In den Anfängen der Kirchengeschichte taufte man in Flüssen und Gewässern, solange es noch nicht möglich war, eigene Gebäude zu errichten. Als eigene Taufhäuser mit einem Becken in der Mitte errichtet wurden, wurden sie mit einem Wasserzulauf ausgestattet, damit das Wasser weiterhin lebendig fliessen konnte. Mosaiken in Taufbecken zeigen auch Wellenlinien für das bewegte Wasser oder Fische.

Vom Erfrischenden und Reinigenden, vom Belebenden und Lebensnotwendigen des Wassers spricht auch die Bibel: Als das Volk Israel in der Würste dürstet, schlägt Mose an einen Fels und es fliesst Wasser (Exodus 17,3-7). Beim Propheten Ezechiel verheisst Gott: "Ich giesse reines Wasser über euch aus, dann werdet ihr rein. ... Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch." (Ezechiel 36,24-28). Als Jesus am Jakobsbrunnen mit der Samariterin spricht, verspricht er Wasser, das den Durst für immer löschen wird, das ewiges Leben schenken wird (Johannes 4,5-14). Die Taufe ist Quelle lebendig-fliessenden Wassers. Deshalb wurde Taufbecken dementsprechend ausgestattet. Deshalb auch können biblische Texte wie die drei gerade genannten bei einer Taufe gelesen werden.

Absteigen und Auftauchen als neuer Mensch

Spätantike Taufbecken (hier aus Sbeitla in Tunesien) haben aber noch eine weitere Besonderheit, die etwas über den Wegcharakter der Taufe zeigt: Sie sind in den Boden eingelassen und haben deshalb Stufen ins Wasser hinein und hinaus. Wer getauft wurde, der ist durch das Wasser hindurchgeschritten - und zwar nackt. Es gab ein Vorher und ein Nachher: vorher die normalen Alltagskleider, nachher wurde er oder sie neu bekleidet mit einem weissen Gewand, mit einer Albe.

Baptisterium SbeitlaDer Weg hinunter und hinauf und der Kleiderwechsel bringen zum Ausdruck, dass der Lebensweg in der Taufe einen tiefen Einschnitt erfährt. Altes wird zurückgelassen, etwas Neues beginnt: im Glauben haben sie sich diese Menschen ganz auf Christus eingelassen, in der Taufe werden sie sakramental mit ihm verbunden. Dieser Weg durch das Wasser ist ein Sterben und Vereintwerden mit dem Leben des Auferstandenen (vgl. Römerbrief 6,3-5, wiederum ein Lesungstext für die Taufe). Das Kreuzzeichen, das hier am Beckenrand angebracht ist, ist ein Hinweis darauf.

Nacktsein ist Ausdruck der Sterblichkeit des Menschen. Als Sterbliche steigen die Taufbewerber ins Wasser hinab. Als in Christus neue Menschen steigen sie aus dem Taufbrunnen wieder heraus und werden neu bekleidet: "Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus als Gewand angelegt." (Galterbrief 3,27 - eine weitere Lesung!). Das neue Gewand ist Ausdruck der Befreiung vom Tod und darin ist die christlicher Freiheit begründet.

Weg in die Freiheit

Von einem Weg durchs Wasser hindurch in die Freiheit spricht schon das Alte Testament. Der Exodus aus Ägypten mit dem Durchzug durch das Rote Meer ist für das Volk Israel Befreiungserfahrung einfachhin. Jedes Jahr beim Pessach wurde dieser göttlichen Befreiungstat gedacht. In das Gedächtnis dieser Befreiung hinein fällt das Sterben Jesu am Kreuz. Sein Sterben ist auch ein Exodus, ein Exodus aus dieser Welt in das Leben der Auferstehung. In diesem Überschritt zum Leben wird die Macht des Todes gebrochen. Damit ist eine Freiheit neuer Art aufgebrochen.


24324147678330628908 250Es ist deshalb wohl kein Zufall, wenn bereits Paulus, der Theologe der christlichen Freiheit, einen Zusammenhang zwischen dem Auszug aus Ägypten und der Taufe herstellt: "Ihr sollt wissen, Brüder, dass unsere Väter alle unter der Wolke waren, alle durch das Meer zogen und alle auf Mose getauft wurden in der Wolke und im Meer." (1 Korintherbrief 10,1-2)

Dass in der grossen Taufnacht der Alten Kirche, der Osternacht, der Bericht vom Auszugspessach und vom Durchzug durch das Rote Meer gelesen wurde, ist dann auch keine Überraschung mehr. Auch Gebete bezeugen diesen Zusammenhang: "Die Kinder Abrahams hast du trockenen Fusses durch das Rote Meer geführt und sie befreit aus der Knechtschaft des Pharao. Sie sind ein Bild der Getauften, die du befreit hast aus der Knechtschaft des Pharao." (Gebet über dem Wasser im Taufbecken aus der Feier der Kindertaufe 2007). Wer durch ein frühchristliches Baptisterium hindurchschritt, konnte das leibhaftig erfahren. Aber auch spätere Taufbrunnen zeigen diesen Zusammenhang noch wie z.B. der Hildesheimer Taufbrunnen (um 1220, siehe das Bild in diesem Abschnitt).

Neue Schöpfung

Baptisterium Riva St. Vitale GrundrissManche Baptisterien (siehe Grundriss Riva St. Vitale), aber auch viele Taufsteine haben ein achteckiges Becken oder einen achteckigen Sockel: Sieben macht eine Schöpfungswoche ganz, Sieben ist eine Zahl der Vollkommenheit; sieben plus eins, acht, das ist der Beginn der neuen Schöpfung, es ist noch mehr als die Vollkommenheit der Sieben.

In die neue Schöpfung, die mit der Verkündigung Jesu begonnen hat und in der Auferweckung Jesu von den Toten ihren Zielpunkt erreicht, sind alle Getauften hineingenommen. In die Fülle des achten Tages ist ihr Leben in der Taufe hineingetaucht.

Gunda Brüske

 

Stichwort

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  • seit 4. Jh. Baptisterien (Zentralbau mit Taufbecken) zur Taufe vor allem von Erwachsenen; einzelne Bauten (Italien) bis ins 13. Jh.
  • seit 9. Jh. Taufbecken aus Holz, Stein oder Metall im Kirchenraum zur Taufe von Säuglingen durch Untertauchen
  • daneben flache Taufbecken zur Aufbewahrung des Taufwassers für ein ganzes Jahr und zur Taufe durch Übergiessen
  • nachkonziliar: der Taufort sollte für die Feiernden gut sichtbar und nach Möglichkeit für die Taufe durch Untertauchen geeignet sein

Facts

"Ausser im Notfall ist der der Taufe eigene Ort eine Kirche oder eine Kapelle."

Codex des kanonischen Rechtes, Can. 857,1

Links

"Der Taufbrunnen kann an verschiedenen Stellen des Kirchenraumes errichtet werden. Er sollte möglichst im Blickfeld der Gemeinde stehen. Er kann sich aber auch in einem angegliederten Raumteil oder in einer selbstständigen Taufkapelle befinden. In jedem Fall muss gewährleistet sein, dass sich eine Taufgemeinde am Taufort versammeln kann."

Leitlinien für den Bau und die Ausgestaltung von gottesdienstlichen Räumen, Handreichung der Liturgiekommission der Deutschen Bischofskonferenz, 6. ergänzte Auflage 2002 (Pdf)