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Hintergrund

Kirche sein im Feiern und Verstehen

Hintergrund

Kirche sein im Feiern und Verstehen

Resurrectio 2003 thumbGeheimnis des Glaubens

Ostern als Antwortruf

Mitten im Hochgebet ruft der Priester oder Diakon den Feiernden ihr Stichwort zu: „Geheimnis des Glaubens". Die drei Teilsätze der Antwort sind verdichteter österlicher Glaube.

Die Worte „Geheimnis des Glaubens" (mysterium fidei) stehen schon seit Jahrhunderten im römischen Hochgebet, doch eine Antwort erfolgte bis zum Konzil auf diesen Ausruf nicht. Während sie heute nach den Einsetzungsworten erklingen, waren sie nämlich früher in das Kelchwort eingebettet: „Das ist der Kelch meines Blutes, des Neuen und ewigen Bundes – Geheimnis des Glaubens –, das für euch ...". Wie die Worte in den Einsetzungsbericht kamen, ist bis heute nicht geklärt, und damit auch nicht die ursprüngliche Bedeutung.

In der nachkonziliaren Reformarbeit hat Papst Paul VI. vorgeschlagen, diesen Einschub aus dem Kelchwort herauszulösen und ihn zum Stichwort für eine Antwort der Gemeinde zu machen. Das hat ein Vorbild bei Christen in der östlichen Ökumene und wurde zum Vorbild für ähnliche Gemeindeantworten bei vielen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften in der westlichen Ökumene (Taizé, verschiedene lutherische Kirchen, die Kirche von England, die Abendmahlsagende der Reformierten Kirche der Schweiz und die Lima-Liturgie). Die biblisch fundierte Neuerung hat sich als fruchtbarer ökumenischer Impuls erwiesen und den Katholiken eine Kurzformel ihres österlichen Glaubens geschenkt.

Biblisches Fundament und frühe liturgische Rezeption

Im 1. Korintherbrief heisst es: „Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis! Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt." (1 Kor 11,25-26) Das ist die Grundlage für den neuen Zuruf der Gemeinde in der römischen Liturgie: Der Gedächtnisauftrag wird verbunden mit der Verkündigung von Jesu Tod bis er wiederkommt.

Was hier vorbereitet ist, entfalten alte Liturgien wie z.B. das nach dem hl. Jakobus benannte Hochgebet der syrischen Christen. Der Priester spricht hier: „Tut dies zu meinem Gedächtnis. Sooft ihr teilnehmt an diesem Mysterium, verkündet ihr meinen Tod und bekennt ihr meine Auferstehung, bis ich wiederkomme." Darauf antworten alle: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, deine Auferstehung bekennen wir und dein zweites Kommen erwarten wir. Dein Erbarmen komme über uns alle." Was im Korintherbrief als Bericht formuliert ist, erscheint hier als Dialog zwischen Christus und den Feiernden. Er spricht sie an und sie antworten ihm, der unsichtbar mitten in ihrer Gemeinschaft zugegen ist.

Liturgische Kurzformel des Glaubens

Der Zuruf der Gemeinde umfasst das Bekenntnis zu Tod und Auferstehung Christi und eine Zeitangabe, bis wann dieses Bekenntnis erklingen soll: bis er kommt, d.h. bis er einst ein zweites Mal kommen wird und damit allen Zeiten ihr Ende setzt. Das ist die Antwort der Gläubigen auf seine Hingabe für alle: mein Leib für euch – mein Blut für euch und alle, das bin ich für euch.

Das Ich, das hier spricht, hat einst in einer aufs Äusserste gespannten Situation mit den Seinen ein Abschiedsmahl gehalten. Den schon vor Augen stehenden Tod nimmt er nicht einfach im persönlich-biographischen Sinn. Er gibt ihm eine universale Deutung – nicht nur für die Jünger oder für jene Menschen, die mit ihm unterwegs gewesen waren, sondern für alle Menschen. Zu diesem Tod muss sich jeder Christ immer wieder verhalten, weil wir jenes todernste „ich für euch" nicht verschweigen können: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir".

Jenes Ich, das hier spricht, das sich durch den Mund des Zelebranten bei uns Gehör verschafft, konnte der Tod nicht festhalten. Göttliche Lebenskraft kann der Tod nicht binden, sondern wird selber davon gefesselt. Das feiern Christen nicht nur Ostern, sondern in jeder Eucharistie. Das Ich, das hier spricht, ist also ein Lebender, Christus, der auferstanden ist und lebt in einer uns ganz unbegreiflichen Weise. Das „für euch" spricht im hier und jetzt der Feier einer, der lebt und den Seinen ganz nahe ist. Das Bekenntnis zur Auferstehung ist Ausdruck der glücklichen Gewissheit seiner Gegenwart: „deine Auferstehung preisen wir".

Geheimnis des Gedenkens

Wer auf den Zuruf „Geheimnis des Glaubens" mit dem Bekenntnis zu Tod und Auferstehung antwortet, der denkt also nicht einfach zurück, an das, was einst in Jerusalem geschah und von dem wir uns Jahr für Jahr weiter entfernen. Das Geheimnis des Glaubens ist das Geheimnis einer Gegenwart: Wir gedenken einer Person, die hier und jetzt unter uns ist. In der Bibel gibt es das Gedenken des Menschen und das Gedenken Gottes. Die biblischen Beter drängen Gott geradezu, dass er unser Gedenken soll, dass er sich an seine früheren Taten erinnern soll, denn dann wird für den Betenden alles gut. In dieser biblischen Logik ist die Aufforderung „tut dies zu meinem Gedächtnis" auch die Aufforderung, ihn an seine Tat zu erinnern, damit er unser gedenkt und aus allem Bösen herausreisst und neues Leben schenkt. Das wird solange nötig sein, bis er kommt, jedes Mal aufs Neue.

Gunda Brüske

 

Stichwort

  • Akklamation (Antwortruf) der Gemeinde nach den Einsetzungsworten: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit."
  • Vorbild: 1 Kor 11,26; östliche Liturgien
  • 1970 neu in die römische Liturgie aufgenommen

Geistlicher Impuls

Eucharistie: Sakrament des Gedenkens

„Gedenken heisst sich erinnern und in dem Erinnerten leben, es aufnehmen und bewahren. Aber wie soll man sich etwas in Erinnerung rufen ‚ohne es zu tun'? Wie kann man mit etwas leben, das nicht zu sehen ist, wie soll man es wahrnehmen, bewahren, ja gerade diese Erfahrung in ihrer ganzen Fülle bewahren? Christentum ist immer Bekenntnis, Annahme, Erfahrung. ...

Ich habe eben gesagt, die auf Erden gefeierte Liturgie vollzieht sich im Himmel. Dabei ist entscheidend: Was im Himmel vollzogen wird, ist bereits vollzogen, existiert bereits, ist immer schon vollzogen, immer schon gegeben. Christus ist Menschen geworden, am Kreuz gestorben, in das Reich des Todes abgestiegen, er ist von den Toten auferstanden, zum Himmel aufgefahren und hat den Heiligen Geist gesandt. In der Liturgie, die uns zu feiern aufgetragen ist, ‚bis er wiederkommt', wiederholen wir nicht noch stellen wir dar, sondern steigen empor in das Mysterium der Erlösung und des neuen Lebens, das einmal vollzogen wurden und uns ‚allezeit, jetzt, für immer, und in alle Ewigkeit' geschenkt worden ist. In dieser himmlischen, ewigen Eucharistie einer anderen Welt steigt Christus nicht zu uns herab, wir steigen vielmehr zu ihm empor."

Alexander Schmemann (1921-1983, russ.-orthodoxer Theologe)

Facts

„Die Akklamationen und die Antworten der Gemeinde auf den Gruss des Priesters und auf seine Amtsgebete bilden jenes Mindestmass an tätiger Teilnahme, das in jeder Form der Messfeier von den versammelten Gläubigen zu leisten ist, damit das gemeinsame Handeln deutlich zum Ausdruck kommt und gefördert wird."

Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch (1975) Nr. 15

Links

Bildimpuls zu Resurrectio von Jörg Länger