Feuer und Wasser christlicher ExistenzGehört Christ-Sein ins Glaubensbekenntnis? Soll man glauben, was am Anfang stand: die Taufe? Ist darauf zurückzukommen? Glauben Sie an Ihre Taufe? An die Wirklichkeit, die in Ihrem Leben begonnen hat, damals bei Ihrer Taufe als Säugling? Zu lange her, sagen Sie, oder: davon habe ich doch nichts gemerkt! Tatsächlich: Die meisten Christinnen und Christen erinnern sich ihrer Taufe nicht. Fotos oder Erzählungen von Eltern, Gotte oder Götti ersetzen eigenes Erleben kaum. Fast könnte man meinen, die Taufe war nur ein Familienfest und das ist längst vergangen. Halbbewusstes TaufgedächtnisDas vergangene, vorbewusste Ereignis der eigenen Taufe könnte erwachen beim Eintauchen der Finger ins Weihwasser am Eingang der Kirche. Unwillkürlich folgen im Innern die Worte: im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Einst hat jemand einen Namen - meinen Namen - genannt und hinzugefügt: Ich taufe Dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Ein Kreuz gehörte auch dazu. Und nun zeichnen Sie ein Kreuz mit Weihwasser von der Stirn über die Arme hin zur Körpermitte. Ein oft geübtes Taufgedächtnis also, aber ob Sie sich dabei Ihrer Taufe erinnern? Also nicht, dass Sie daran zurückdenken wie an ein vergangenes Ereignis. Ich meine: Nehmen Sie die Taufe in dem Moment wahr als Wirklichkeit, die bis heute besteht? Achtsamkeit und GedenkenNach der Taufe ist die Wirklichkeit des Getauft-Seins immer da. Als eine besonders schöne, natürlich auch anspruchsvolle Wirklichkeit. Als ein Glücksfall. Was immer ist, nehmen wir leider nicht mehr wahr. Bis wir uns bewusst darauf konzentrieren, z.B. auf unseren Atem achten. Dass wir getauft sind, können wir auch mit intensivster Konzentration nicht sehen, nicht hören, nicht schmecken, nicht tasten. Die Achtsamkeit für die Taufe muss anders sensibilisiert werden: durch das Gedenken. Wenn wir gedenken, geschieht etwas Eigenartiges: Unsere Gegenwart, unser jetziges Leben wird von einem vergangenen und noch immer nicht abgeschlossenen Ereignis ergriffen. Wir werden sensibel dafür. Sensibel für die Wurzeln der christlichen Existenz. Wurzeln und WasserEin Taufgedächtnis ist Vergewisserung der eigenen Wurzeln: beim Nehmen des Weihwassers am Eingang einer Kirche, beim sonntäglichen Asperges – dem Besprengen der Gläubigen am Beginn der Messe –, beim Feiern einer Taufe, als Erneuerung des Taufversprechens in der Osternacht. Weil die Taufe Christen unterschiedlicher Kirchen verbindet, wird das Taufgedächtnis seit Mitte der 80er Jahres des letzten Jahrhunderts als Zeichenhandlung in ökumenischen Gottesdiensten immer mehr geschätzt. Es erschienen zahlreiche Arbeitshilfen mit Materialien (teils auch online). Die Taufe ist ein sakramentales Band der Einheit (Ökumenismusdekret des II. Vatikanums Nr. 22) und damit ein wichtiges Zeichen auf dem Weg zur vollen Kirchengemeinschaft. Ein Taufgedächtnis kann auch Teil anderer Gottesdienste sein:
Zeichen setzenDiese Feiern unterscheiden sich von andern Gottesdiensten vor allem durch die Zeichenhandlung mit Wasser, über dem zuvor ein Segensgebet gesprochen wurde. Wie beim Betreten der Kirche nimmt man also Weihwasser. Das Besprengen der Gläubigen geschieht bei einer grösseren Anzahl von Mitfeiernden mit einem Aspergill - einem Weihwasserwedel aus Buchszweigen, Holz mit Borsten oder einem aus Silber gefertigten Gerät. Noch schöner ist es, wenn Menschen sich um den Taufbrunnen versammeln z.B. in der Erstkommunionvorbereitung. Ist das nicht möglich, stellt man eine grössere Schale gut sichtbar in die Mitte z.B. vor die Stufen des Altars. Aus dem Taufbrunnen oder der Schale können die Feiernden das Wasser entweder selbst nehmen – mit oder ohne Bekreuzigung (z.B. Christen aus protestantischen Kirchen) – oder der Leiter/die Leiterin der Feier zeichnet mit Wasser ein Zeichen auf die Stirn oder in die Hand. Bei der Schale sollte nach Möglichkeit wie beim Taufbrunnen die Osterkerze stehen, denn die Osternacht ist seit den ersten christlichen Jahrhunderten der zentrale Tauftag. Würde und WaschenBeim Taufgedächtnis nehmen auch andere Elemente auf die Wirklichkeit des Getauft-Seins Bezug. Allen voran die Lesungen aus dem Neuen Testament: Sie sprechen auf vielfältige Weise von der wunderbaren und erstaunlichen Wirklichkeit der Taufe. Getaufte sind:
Dies alles, weil sie von Sünden reingewaschen sind, d.h. sie sind frei von allem, was zwischen Gott und den Menschen steht. Die Taufe auf den Namen Jesu oder im Namen Jesu verbindet Getaufte mit Christus. Und durch und in ihm auch untereinander: Kirche entsteht. - Jeder dieser Aspekte der Taufe kann z.B. in Gebeten, im Kyrie, im Schlusssegen aufgegriffen werden. Und die Wirklichkeit?Diesen Vor-Gaben im alltäglichen Tun zu entsprechen, ist nicht einfach. Manchmal gehört deshalb ein Schuldbekenntnis dazu (so in vielen Modellen für ökumenische Gottesdienste), oder ein Glaubensbekenntnis einschliesslich der Absage an alles, was der christlichen Existenz widerspricht. So z.B. in Buss- und Versöhnungsfeiern. Segen und Sendung schliesslich ermutigen zum „Gottesdienst des Lebens". Und so ist Getauft-Sein ein wunderbares Fundament für das ganze Leben. Wenn man aufmerksam wird für die eigene Existenz als getaufter Mensch. Wenn man sich dieser Wurzeln vergewissert und die Gegenwart davon immer neu bestimmen lässt. Gunda Brüske
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StichwortFormen von Taufgedächtnis in Geschichte und Gegenwart:
Praxis-TippAsperges ©Wikipedia/Ian42 Taufgedächtnis im Kirchenjahr, z.B.:
Wort-Gottes-Feier mit Taufgedächtnis Im liturgischen Buch "Die Wort-Gottes-Feier" gibt es ein eigenes Kapitel mit Texten und Ablauf, einen Anhang für ein ökumenisches Taufgedächtnis und Gestaltungstipps für die Feier mit Familien. Geistlicher ImpulsEine chinesische Geschichte Einen gelehrten Mann fragten einmal seine Schüler: Du stehst schon so lange vor diesem Fluss und schaust ins Wasser. Was siehst du denn da? Der Mann gab keine Antwort. Er wandte den Blick nicht ab von dem unablässig strömenden Wasser. Endlich sprach er: Das Wasser lehrt uns, wie wir leben sollen. Wohin es fließt, bringt es Leben und teilt sich aus an alle, die seiner bedürfen. Es ist gütig und freigebig. Die Unebenheiten des Geländes versteht es auszugleichen: Es ist gerecht. Ohne zu zögern stürzt es sich über steile Wände in die Tiefe. Es ist mutig. Seine Oberfläche ist glatt und eben, aber es kann ganz verborgen tiefe Stellen schaffen. Es ist weise. Felsen, die ihm im Weg stehen, umfließt es. Es ist verträglich. Aber mit seiner Kraft ist es Tag und Nacht dabei Hindernisse zu beseitigen. Es ist ausdauernd. Wie viele Windungen es auch auf sich nehmen muss, niemals verliert es die Richtung zu seinem Ziel, dem Meer, aus dem Auge. Es ist zielbewusst. Und sooft es auch verunreinigt wird, so sehr ist es ständig bemüht, wieder rein zu werden. Es hat die Kraft, sich immer wieder zu erneuern. Das alles, sagte der gelehrte Mann, ist es, warum ich auf das Wasser schaue. Es lehrt mich das rechte Leben. Aus: Taufgedächtnis und Tauferneuerung. Eine ökumenische Handreichung 2011. Hg. Evangl. Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) Landeskirchenrat, Bistum Speyer Bischöfliches Ordinariat. 2011. S.16f Ablauf (Beispiel)
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