Logo Orgelschule SurseeOrgelschule Sursee – Kinder und Jugendliche spielen Orgel!

Leuchtturm Kirchenmusik (1/6) – Jahresserie des Liturgischen Instituts und des SKMV

Wenn acht Kinder im Alter von 7-12 Jahren und acht Jugendliche zwischen 13-18 Jahren wöchentlich den Orgelunterricht besuchen und einige von ihnen gar schon in Gottesdiensten mitspielen, hat dies wahrlich Leuchtturmcharakter.

Das herausragende Projekt «Orgelschule Sursee» startete 2020 auf Initiative von Daniela Achermann und weiterer Organist:innen aus der Region Sursee. Daniela Achermann, die Leiterin der Orgelschule, Daniela Maranta und Andreas Wüest bilden das aktuelle Team. Sie haben sich nachfolgender Vision verschrieben: «Die Orgel erklingt in einem neuen Licht, weg von Klischees hin zum farbigen, vielseitigen und überraschenden Instrument im akustisch und oft auch historisch spannenden Kirchenraum. Die Orgelschule Sursee trägt mit ihrem Angebot das Orgelspiel auf eine neue, frische Weise in die Welt, indem sie diese Klangwelt Kindern und Jugendlichen eröffnet und dabei unbegangene musikalische und musikpädagogische Wege erforscht.»kind an orgel sursee

Orgel als Erstinstrument

Das innovative Unterrichtsangebot richtet sich speziell an Kinder und Jugendliche, welche dank dem neu entwickelten Kinderpedal die Orgel auch als Erstinstrument wählen können. Die Orgel wurde in der Musikpädagogik bisher weniger als geeignetes Instrument für Kinder oder gar als Erstinstrument wahrgenommen. Es zeigt sich jedoch, dass gerade die Orgel mit ihrer Vielfalt und dem multidimensionalen Spielen von Händen und Füssen für Kinder und Jugendliche ein richtiggehender Spielplatz ist und ihnen einen intuitiven Zugang zur Musik ermöglicht.

Kinderpedal zum Aufstecken

Die Firma Goll aus Luzern hat 2014 in Zusammenarbeit mit der Orgelpädagogin Yun Zaunmayr ein Kinderpedal entwickelt, da die kurzen Kinderbeine die Tasten der pedalspiel orgel surseePedalklaviatur nicht erreichen können. Die Kinderpedale werden als Aufsteck-Elemente über die bestehenden Pedale gesetzt. Je nach Entwicklungstand des Kindes können einzelne Pedale aufgesetzt und nach und nach ergänzt werden. Da jede Orgel Unterschiede in der Pedaltastatur aufweist, werden die Aufsteck-Elemente individuell auf das entsprechende Instrument angepasst. Bereits heute verfügen einige Orgeln in der Schweiz über solche Kinderpedale, dies sind z.B. die ref. Kirche Dübendorf, die kath. Kirche St. Antonius Wildegg, die ref. Kirche Thalwil oder die Theodorskirche Basel.

Entwicklung geeigneter Literatur

Da das Unterrichten von Kindern auf der Orgel noch ein unberührtes Feld ist und eine Leerstelle in Sachen Unterrichtsliteratur besteht, bringen die drei Orgeldozent:innen der Orgelschule Sursee ihre vielfältigen Qualifikationen in Improvisation, Komposition und Musikpädagogik mit grosser Begeisterung in die Forschung und Entwicklung von Literatur, Improvisationsstrukturen und Unterrichtsmethoden ein. Zudem ist im aktuellen Schuljahr eine regelmässige Zusammenarbeit mit den Dozierenden der Musikhochschule Luzern, Johannes Stobl (Improvisation) und Andrea Kumpe (Leitung Weiterbildung HSLU und Autorin der „Innovativen Orgelschule“), zur Lehrmittelentwicklung geplant.

Orgeleinsätze in Gottesdiensten

Die Lehrpersonen der Orgelschule Sursee machen mit ihren Schüler:innen Exkursionen, Klassekonzerte oder vermitteln ihnen Einsätze in Gottesdiensten. In kleinen Schritten führen sie die Jugendlichen an die Entfaltungs- und Einsatzmöglichkeiten der Königin aller Instrumente heran. Dies braucht seitens Lehrperson grosses pädagogisches Geschick und die Bereitschaft, die Kinder und Jugendlichen vor Ort zu unterstützen. Dazu gehört das Einrichten des Instrumentes, die Absprachen mit den Liturg:innen oder die Information der Gemeinde, denn sie soll ja erfahren, dass Kinder und Jugendliche musiziert haben. Sowohl für die Jugendlichen, wie auch für die Mitfeiernden ist diese Kommunikation wichtig und der offizielle Dank ein wertschätzender Lohn.
So konnte die 9jährige Layra bereits nach einem Jahr Orgelunterricht bei der Schuleröffnungsfeier in Sursee mitspielen und war riesig stolz darauf. Die mitfeiernden Schüler:innen wertschätzten Layras Einsatz sehr. Die 17jährigen Fiona, welche eine fortgeschrittene Klavierschülerin ist, nimmt die Herausforderung in Gottesdiensten zu spielen ebenfalls gerne an. Sie schafft es bereits, einen ganzen Gottesdienst selbst zu begleiten. Dabei spielt sie Literatur aus dem Klavier- und Orgelunterricht. Ein spezielles Augenmerk liegt bei ihrem Ausbildungsstand auch auf der Liedbegleitung. Die z.T. extra für sie eingerichtete Arrangements ermöglichen es ihr, die Gemeinde gekonnt zu begleiten.


Andreas Wüest konnte zwei seiner Orgelschüler:innen im Familiengottesdienst zu Weihnachten einsetzen und berichtet wie folgt:
In Römerswil konnten Ramon (11) und Leonie (12) das erste Mal im Familiengottesdienst an Weihnachten an der Orgel mitwirken. Ramon spielte dabei ein von mir komponiertes Orgelstück zum Einzug und Leonie das speziell arrangierte Jingle Bells. Beide spielen bereits einige Jahre Klavier und haben nun frisch mit dem Orgelspiel begonnen. Sie waren sehr motiviert und übten ihre Stücke inklusive Pedal sehr gut ein. In diesem Gottesdienst wurde auch das Krippenspiel aufgeführt, welches von ihrer Klasse mitgestaltet wurde und so konnte die ganze Schulklasse das musikalische Können ihrer Mitschüler:innen auf der Orgel mitverfolgen. Bei beiden war ich mit vor Ort und half beim Registrieren und Einrichten. Das Ergebnis lässt sich blicken und hören, viele Familien konnten zuhören und wurden so auf die jungen Orgelschüler:innen aufmerksam. Beide Parts waren erfolgreich und Ramon und Leonie sowie ihre Familien waren überglücklich über das gelungene Musizieren im Gottesdienst.


Die Lehrpersonen der Orgelschule Surseelehrpersonen orgelschule sursee

Andreas Wüest
Bachelor Kirchenmusik mit den Hauptfächern Orgel und Chorleitung an der Musikhochschule Luzern, Organist in Sursee, Rain und Römerswil, Chorleiter diverser Chöre, Herausgabe eines Bandes mit eigenen Orgelkompositionen

Daniela Achermann
Klavierlehrdiplom an der Musikakademie Basel, Studium Indische Musik in Basel und den USA, Master Orgelperformance und Kompositionsstudium an der HSLU, Hauptorganistin in St. Georg Sursee, künstlerische Leiterin der Konzertreihe „Klangraum Sursee“,
1. Preisträgerin von internat. Kompositionswettbewerben, u.a. für Orgelkompositionen für Kinder.
Daniela Achermann ist die Initiantin und Leiterin der Orgelschule Sursee.

Daniela Maranta
Klavierlehrdiplom an der Musikhochschule Zürich, Diploma of Advanced Studies in Orgel und Kirchenmusik an der Musikhochschule Luzern, Klavierpädagogin, Organistin in Triengen, Leiterin der Orgelkonzerte Triengen

Finanzierung und Perspektiven

Die Orgelschule wird von der Kath. Pfarrei und Kirchgemeinde Sursee und vielen weiteren Unterstützer:innen subventioniert. Die Tarife für Kinder und Jugendliche orientieren sich an den Tarifen der Musikschulen in der Region. Zudem offeriert die Orgelschule Sursee das erste Semester jeweils zum Nulltarif. Die Finanzierung der Orgelschule Sursee ist ein äusserst aufwändiger Prozess und neue Unterstützer:innnen sind herzlich willkommen. Eine Überführung vom Projekt in ein fixes und längerfristig finanziertes Angebot ist ein erklärtes Ziel.
Wir drücken die Daumen, dass dieses herausragende Leuchtturmprojekt dieses Ziel erreichen wird und noch viele weitere Orgelschulen in der Schweiz entstehen werden.

Weitere Informationen, diverses Medienbeiträge und Videos zur Orgelschule Sursee finden Sie hier: www.orgelschule-sursee.ch

Sandra Rupp Fischer, Mitarbeiterin am Liturgischen Institut und Vorstandsmitglied des SKMV

Der Beitrag wurde in gekürzter Version zuerst veröffentlicht in der Zeitschrift "Musik & Liturgie"  Nr. 1/2022, S. am 31.01.2022.