Ford Maddox Brown Ausschnitt Fusswaschung Petrus„In den Mitvollzug des Geheimnisses eintreten“ (R. Guardini):
Die Feier der Fusswaschung am Hohen Donnerstag

Ist sie ein Zeichen der Verbundenheit unter Brüdern und Schwestern (Mandatum fratrum, Mandatum sororum) oder eher eines für den Dienst an den Armen (Mandatum pauperum)? Ist sie Nachspiel des Evangeliums oder treten die Feiernden mit ihrer ganzen Existenz in das Geheimnis der Erniedrigung Jesu ein, die bis zum Tod am Kreuz führt? Die Gestaltung der Feier wird je nachdem anders aussehen.

Als Evangelium hören die Gläubigen am Hohen Donnerstag die Perikope von Fusswaschung der Jünger durch Jesus (Joh 13,1-15). Mit diesem Sklavendienst beginnen die Ereignisse, die sich am Kreuz vollenden. Mit dem Zeichen der Fusswaschung gab er den Jüngern Anteil an seiner Existenz, damit fordert er ihre Nachfolge, die bis zum Tod reichen kann.

Folgt man der Linie des Evangeliums kann es in der Liturgie des Hohen Donnerstags nicht um das Nachspielen des Evangeliums gehen, sondern um den existentiellen Mitvollzug des Geheimnisses. Ohnehin ist dramaturgisierendes oder katechetisierendes Nachspielen nicht Sache der Liturgie (insbesondere der Hochfeste). Die Fusswaschung als Zeichen der Verbundenheit unter Brüdern und Schwestern in den Klöstern oder unter Klerikern in Kathedralen oder die Fusswaschung von Armen, bei der sie auch Gaben erhielten, fand nicht in der Liturgie statt.

Erst mit der Reform der Karwoche 1956 wurde die Fusswaschung in die Messe vom letzten Abendmahl integriert. Damit ergibt sich eine weitere, tiefe Bedeutung: das Tun zum Gedächtnis als Feier der Eucharistie und als Liebesdienst der Fusswaschung wurzeln in ein oder derselben Feier am Hohen Donnerstag. Die Fusswaschung in der Abendmahlsmesse setzt ein starkes Zeichen für die Verbindung von Liturgie und Diakonie und empfiehlt sich daher für alle Pfarreien. 

Wo keine Abendmahlsmesse stattfinden kann, stellt sich die Frage nach einer Wort-Gottes-Feier am Hohen Donnerstag. Eine Feier mit Kommunionspendung ist nicht möglich. Eine Wort-Gottes-Feier am Hohen Donnerstag wird die Fusswaschung ins Zentrum stellen. Sie könnte die Linie von der Fusswaschung als Dienst der Erniedrigung bis zum Kreuz und zur Nachfolge als Handeln am Nächsten ins Zentrum stellen. Zwei Beispiele:

Zur Gestaltung der Fusswaschung

1. Eine Person mit Leitungsverantwortung in der Pfarrei und der Liturgie (Pfarrer, Gemeindeleiter/die Gemeindeleiterin in einer Wort-Gottes-Feier) wäscht die Füsse.

2. Bei der Auswahl der Menschen, denen mit dem Zeichen Fusswaschung gedient wird, sind Geschlecht, Alter, konfessionelle (ggf. religiöse) Zugehörigkeit unerheblich. Entscheidend ist vielmehr, ob die Fusswaschung als ein Zeichen des demütigen Dienstes an diesen Menschen verstanden werden kann. (Abgrenzung: Ehrung verdienter Freiwilliger aus der Pfarrei; Teil der Initiation bei der Erstkommunionvorbereitung; dramaturgisierendes Nachspielen)

3. Die Zahl 12 steht atl. für das Ganze des Gottesvolks, ntl. für den engeren Jüngerkreis der Zwölf. Das muss nicht durch die Anzahl von 12 Personen abgebildet werden, geht es doch nicht um Nachspielen. Sinnvollerweise repräsentieren Alte und Junge, Frauen und Männer etc. das Gottesvolk bei der Fusswaschung.

4. Nach Möglichkeit wird im Kirchenraum ein Ort gewählt, der es den Mitfeiernden erlaubt, die Zeichenhandlung zu sehen, ohne dass die Intimität der Handlung gestört wird.

5. Dem Vorsteher (der Vorsteherin in einer Wort-Gottes-Feier) assistieren ein Diakon (wenn vorhanden) und Ministranten / Ministrantinnen.

6. Das Wasser ist angewärmt. Es gibt für jede Person, der die Füsse gewaschen werden ein sauberes, weisses Handtuch.

7. Während der Fusswaschung singen die Mitfeiernden.

8. Die Fusswaschung ist innerhalb der Feier kein isolierter Akt. Ihre Thematik kann bei der Eröffnung, beim Kyrie, in der Predigt, in den Fürbitten, bei der Einladung zur Kommunion anklingen.

9. Die Fusswaschung als Zeichen des demütigen Dienstes oder der Gemeinschaft unter Brüdern und Schwestern sollte nach der Feier fortgesetzt werden, z.B. als Einladung zum gemeinsamen Mahl und in bleibender seelsorgerlicher Achtsamkeit für die Menschen, denen die Füsse gewaschen wurden.

10. Die Fusswaschung kann nicht durch eine Waschung der Hände ersetzt werden. Sie ist kein Zeichen der Demut (des Sklavendienstes Jesu).


Mehr zum Hohen Donnerstag: Sakrament der Liebe - Eucharistie und Fusswaschung

Gunda Brüske, 26.3.2022