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Sophia Weixler, Ich atme HoffnungIch atme Hoffnung. Psalmen jenseits von Gewalt und Missbrauch

"Ich sehnte mich nach sprachlicher Weite. Nach Worten, die mich nicht von einem Trigger zum nächsten schubsen." Im Nachwort zum Buch mit ihren Psalmnachdichtungen erzählt Sr. Sophia Weixler (Jahrgang 1995), wie ihr die "die Psalmbeter:innen zu Schwestern und Brüdern und zu Verbündeten" wurden: "Meine Not spiegelte sich ihren Worten wider wie auf der Wasseroberfläche eines Sees."

Sophia Weixler hatte in einem Beratungs- und Begleitungssetting spiritualisierte und sexualisierte Gewalt erlebt, die aufgrund fehlender Beweisbarkeit und mangelnder Abwehr der Übergriffe zur Einstellung des Verfahrens führte. In Anbetung und Meditation und im Schreiben formten sich ihr Psalmen neu, veränderte sich ihr Gottesbild. Gott wird ihr zur Ewigen Liebe und zum Lebendigen. Weibliche und männliche Attribute und Anreden wechseln auch innerhalb eines Psalms beständig ab. Es entstanden 84 Psalmnachdichtungen, die sich bis in die Verszählung am biblischen Text orientieren. So lautet Psalm 22,19 z. B. in ihrer Übertragung: "Sie (die Feinde) spielen um mein Gewand, meine Identität, meinen Schutz, mein Leben, und ich muss zusehen."

Überhaupt wird die Thematik der Feinde in den Psalmen von Sophia Weixler sehr konkret. Man erkennt das Täterprofil und doch bleibt die biblische Sicht erhalten, da die Feinde Menschen sind, die sich von Gott abgewendet haben.
"Sie handeln vorsätzlich unerwartet;
sie warten darauf, zu manipulieren,
sie herrschen über andere und lassen sie nicht mehr frei.
Sie geben sich als schwach und hilfsbedürftig,
doch ihre Macht erzeugt bei den Mitfühlenden
eine nahezu unwiderrufliche Bindung.
Sie sind sich so sicher, dass die Ewige Liebe
ihr verstecktes Machtstreben nicht bemerkt
und dass sie bei den Schwachen nicht gegenwärtig ist."
(Ps 10,9-11 mit der Überschrift "An die Leitenden der Institution Kirche")

Diese Psalmen können, wie Sophia Weixler selber sagt, zum Spiegel werden für Menschen, die Grenzen verletzten, manipulieren oder Gewalt anwenden. Doch in erster Linie geht es der Autorin darum, ein ressourcenstärkendes Buch zu schreiben. So spricht z. B. Gott in Psalm 91:
"Wenn du stolperst, locke ich dich zu neuen Perspektiven.
Wenn du vor Schmerzen schreist, bin ich da.
Wenn deine Angst dich aufzufressen droht
und du in deiner engsten Enge eingekerkert bist,
öffne ich dir eine neue Tür.
Bedingungslose Liebe hauche ich dir zu.
Du weißt um mich und ich kenne dich.
Das genügt für das Jetzt."
(Ps 91,12-14 mit der Überschrift "Grenzwächter")

Vermutlich finden auch andere Menschen, die unter Traumatisierungen oder grosser Not leiden, hier Worte, die ihnen die Sprache wiedergibt und Hoffnung schenkt. Das Buch sei Beterinnen und Betern sowie Seelsorgenden empfohlen. Man lasse sich also bitte nicht vom braven Cover täuschen. Die starke Sprache hätte ein starkes Cover verdient.

Sophia Weixler, Ich atme Hoffnung. Psalmen jenseits von Gewalt und Missbrauch. Patmos Verlag 2023. 160 S., gebunden, ein Lesebändchen.

Sr. Sophia Weixler im Interview mit Wolfgang Holz (kath.ch 10.5.2023)

Gunda Brüske, 30.10.2023