„Die wahre ‚Monstranz' Christi - das sind wir alle."An Fronleichnam feiern Katholiken ihren Herrgott in der Eucharistie - wie bei jeder Messe. Zweimal im Jahr nähern sie sich diesem Geheimnis in besonderer Weise. Offen angesprochen und im Zeichen verborgener SinnIn vielen Varianten sagt die Liturgie an diesem Tag: Der, der einst mit den Jüngern am Abend vor seinem Tod Mahl gehalten hat, der feiert heute mit uns. Und gleichzeitig: Der, der uns einst zum himmlischen Gastmahl um seinen Tisch sammeln will, der legt jene himmlische Speise schon heute auf den Altartisch in unserer Mitte. Die Gegenwart des vergangenen und zukünftigen Geschehen im Augenblick der Feier spricht die Liturgie an diesem Tag einmal denkbar knapp aus: „O heiliges Mahl, in dem Christus unsere Speise ist: Gedächtnis seines Leidens (Vergangenheit), Fülle der Gnade (im heute), Unterpfand der künftigen Herrlichkeit (Zukunft). Halleluja." Vom Hohen Donnerstag zum 2. Donnerstag nach PfingstenVom Beginn des Festes an wurde der Zusammenhang mit dem Ursprungsereignis durch die Wahl des Tages zum Ausdruck gebracht: Wie am Abend des Hohen Donnerstags des letzten Mahles Jesu als eines hier und jetzt für uns wirksamen Ereignisses gedacht wird, so wird auch Fronleichnam an einem Donnerstag gefeiert. Doch warum erst am zweiten Donnerstag nach Pfingsten? Vom Ostersonntag bis Pfingsten feiert die Kirche nicht nur wie im Märchen Prinz und Prinzessin 7 Tage und 7 Nächte Hochzeit, sondern 7 mal 7 Tage plus 1 Tag bricht sie angesichts der Auferstehung Jesu in Jubel aus. Das ist Hoch-Zeit schlechthin, in die keine anderen Hochfeste fallen, denn Christi Himmelfahrt gehört ja zu Ostern und Pfingsten und steht ganz in dieser Festfreude. Als das Fronleichnamsfest entstand, wurde – anders als heute – nach Pfingsten noch einmal 7 Tage lang Pfingsten gefeiert. Der erste freie Donnerstag für ein eigenes Fest der Eucharistie war also der zweite Donnerstag nach Pfingsten. Auch wenn zwischen dem Hohen Donnerstag und Fronleichnam also ganze neun Wochen liegen, sind sich die beiden Tage liturgisch denkbar nah. GeschichteEntstanden ist das Fest im Mittelalter. Als die Gläubigen die Kommunion nur noch sehr selten empfingen und doch voll tiefen Glaubens die Eucharistie verehrten, trat an die Stelle des Essens zunehmend der Wunsch, Christus in der Hostie zu sehen. Die Hostie wurde deshalb nach der Wandlung erhoben und schauend von den Christen verehrt. Im Schauen ernährten sie sich geistlich. Abstimmung mit den Füssen: ProzessierenDas Sitzen in der Kirche ist ein neuzeitliches Phänomen. Vorher bewegte man sich frei im Kirchenraum und auch im Raum um die Kirche: Prozessionen in der Stadt, um die Stadt oder zu den Feldern waren nicht selten. So gab es die Flurprozessionen, bei der in den vier Himmelsrichtungen der Wettersegen erteilt wurde. Ende des 13. Jh.s hören wir zum ersten Mal von eucharistischen Prozessionen am Fronleichnamstag. Sie verbindet sich mit der beliebten Flurprozessionen und steigert so die Verbreitung des Fronleichnamsfestes. Die herkömmlichen vier „Altäre" der Prozessionen stammen also von den vier Himmelsrichtungen der Flurprozession. Als in der Reformationszeit eine heftige Kontroverse um die Eucharistie entsteht, wird das Fest der Eucharistie katholischerseits um so festlicher begangen. Die Prachtentfaltung der Prozession und damit die Öffentlichkeitswirkung erreicht einen Höhepunkt. Das ist die andere Art der Abstimmung mit den Füssen! Die Fronleichnamsprozession wird zum spezifischen Konfessionsmerkmal. Demonstration des Katholischen?Der demonstrative Charakter der Fronleichnamsprozession hat sich lange gehalten, bis über die Mitte der 50er Jahre des 20. Jh.s. Gesellschaftliche Veränderungen und theologisches Weiterdenken haben die äussere Gestalt der Prozession verändert. An manchen Orten entfiel sie auch ganz. Welchen Sinn aber kann man dieser „Demo" heute geben? In den Freiburger Nachrichten schrieb der Diakon Franz Allemann bereits am 24. Mai 1989: Gunda Brüske
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Stichwort
Wider-Worte„Viele – Musiker, Kommunionkinder, Bannerabordnungen der Vereine – sind eigentlich nicht richtig motiviert, sondern ‚ziehen es durch'! Aber auch sonst macht Fronleichnam (schon das Wort!) viele Fragen und Probleme." Aus einer Umfrage aus dem Jahr 2002 BrauchtumAn vielen Orten heisst das Fest auch „Unser Herrgottstag". Zur traditionellen Feier gehören Böllerschüsse, Männer in Uniform und Frauen in Trachten, Blasmusikkapellen und natürlich Feldaltäre. Eine Besonderheit ist die Seeprozession in Meggen: Nach der Feier der Messe besteigen die Gläubigen Schiffe, die Nauen, und fahren nach Hintermeggen. Von dort ziehen alle in Prozession zur alten Pfarrkirche St. Magdalena. Geistlicher Impuls„Es ist der grosse Schmerz des Menschen, der mit der Kindheit beginnt, dass Schauen und Essen zwei verschiedene Tätigkeiten sind. Die ewige Seligkeit ist ein Zustand, in dem Schauen Essen ist."Simone Weil (1909-1943) LesetippGuido Fuchs, Fronleichnam. Ein Fest in Bewegung. Regensburg: Pustet 2006 MusikNeue, singbare Übersetzung des Pange lingua LinksLiturgische Texte Lesejahr A |