Nacht aus der Tiefe der ZeitenDiese Nacht reicht zurück bis zur Schöpfung und zum Auszug aus Ägpypten. Sie reicht heran an die Auferstehung Jesu - und führt zur Taufe. Hier beginnt alles neu. Dies ist die Nacht: vier Nächte«Dies ist die Nacht, die für die Befreiung im Namen Jahves vorherbestimmt und vorbereitet war, als die Kinder Israel frei aus dem Ägyptenland auszogen. Denn vier Nächte sind in dem Buch der Erinnerungen eingeschrieben. Die erste Nacht war die, in der Jahve sich über der Welt zeigte, um sie zu schaffen ... Die zweite Nacht war die, als Jahve sich dem hundert Jahre alten Abraham und seiner neunzig Jahre alten Frau Sarah offenbarte ... Die dritte Nacht war die, als Jahve mitten in der Nacht gegen die Ägypter auftrat ... Die vierte Nacht wird dann sein, wenn die Welt ihr Ende erreicht und vergeht.» (Einschub in einer jüdischen Bibelübersetzung zu Exodus 12,42) Nacht am Anfang der Zeiten: SchöpfungDennoch ist die Schöpfung Thema der Osternacht, ein Thema freilich, das im Osterjubel wohl bisweilen isoliert und unverstanden bleibt. Dem Schöpfungsmotiv in der österlichen Liturgie nachzugehen, heisst daher auch, dieses Fest als Ganzes in den Blick zu nehmen. Wo begegnet uns also die Schöpfung in der Osternacht und welchen Sinn hat das? FrühlingsfestUm die Bedeutung des österlichen Schöpfungsgedächtnisses tiefer zu verstehen, sind weitere, einander nicht ausschliessende, sondern vielfach miteinander verschränkte Sinnakzente hinzuzunehmen: Ostern als Frühlingsfest, Ostern als Fest der Neuschöpfung in Christus und Ostern als christliches Neujahrsfest. So ist Ostern als Fest der Schöpfung im Frühling keine Erfindung der Schokoladenindustrie. Bereits im 4. Jh. erläutert Jerusalemer Bischof Kyrill den gerade Getauften der Zusammenhang der Frühlingsblüte mit Schöpfung und Ostern: «Dies ist der erste Monat bei den Hebräern, die Zeit, da einst das vorbildliche Ostern gefeiert wurde und jetzt das wahre Ostern gefeiert wird. Dies ist die Zeit, da die Welt erschaffen wurde. Denn seinerzeit hatte Gott gesprochen: Die Erde bringe hervor die Pflanzen der Wiese ... Dereinst sprach Gott: Lasset uns den Menschen machen ... Zu derselben Zeit, da der Sündenfall erfolgt war, kam auch die Erlösung; zu derselben Zeit, da die Blüten erschienen sind, ist auch (der Moment) des Pflückens da.» Die Schöpfung des Menschen und die Neuschöpfung im Osterereignis entsprechen sich. NeujahrsfestDer Frühling ist einigen Kulturen auch die Zeit des Neujahrsfestes. Anders als das Datum für das Neujahrsfest, das kulturell unterschiedlich bestimmt ist, gibt es typische Themen des Neujahrsfestes, denn zu bestehen ist immer der Übergang von einer alt gewordenen, verbrauchten Zeit zur neuen, damit auch ungewissen Zeit des beginnenden Jahres. Um diesen sensiblen Punkt des Wechsels von der alten zur neuen Zeit gut zu überstehen, stellen sich viele Religionen in ihrem Kult erneut in den Ursprungspunkt der Zeit hinein. Schöpfungserzählungen gehören daher zu vielen Neujahrsfesten. Wer Ostern feiert, berührt in der Rezitation der Genesis und allen Lesungen, die auf die Neuschöpfung in der Taufe anspielen, den Ursprungspunkt aller Zeit. Er steigt hinab in die Tiefe der Zeiten. Auch das Ausfegen des alten Sauerteigs und die Bereitung des neuen als Thema der Lesung am Ostersonntag (1 Kor 5,6b-8) oder das Schlagen des neuen Lichtes aus dem Feuer, nachdem alle Lichter in der Kirche erloschen sind, verweist auf das Neuwerden der Schöpfung an Ostern. Durch den Tod und die Auferstehung ist, so sagt es die erste Präfation für die Osterzeit, «das Leben neu geschaffen». ‹Dies ist die Nacht›, so liessen sich die Proklamationen des Exsultet fortschreiben, ‚‹in der Gott den Menschen und mit ihm die ganze Schöpfung am Anfang wunderbar erschaffen, sein Leben in der Zeit einst in der Taufe noch wunderbarer erneuert hat, um ihn in dieser Nacht aufs Neue wieder in den Anfang des Heils hineinzuführen.› Gunda Brüske |
Wider-WorteAbrahams Opfer Sie finden auch, dass die Lesung von der Erprobung Abrahams (Gen 22,1-18) in der Osternacht unzumutbar ist? Richtig, der Text stösst und verstört. Wenig tröstlich, dass er schon in den ältesten Leseordnungen steht. Denn wer versetzt sich nicht in den armen Isaak?! Doch der steht gar nicht im Zentrum: Abraham und Gott handeln – nicht Isaak! Wird Abraham diesmal Gott verraten, nachdem er vorher schon seine Frauen Sara und Hagar preisgab? Abrahams stärkstes Band gegenüber Gott ist die Verheissung eines Sohnes und vieler Nachkommen. Wird er an Gottes Treue und Verheissung festhalten, wenn der den Sohn fordert? Wird er glauben, dass Gott auch noch in dieser Situation rettet und hilft? Abraham verrät Gottes Verheissung nicht, er besteht die Probe. „Er verliess sich darauf, dass Gott ... Macht hat, Tote zum Leben zu erwecken", so deutet Hebr 11,19 seinen Glauben. Segen als reiche Fülle an Nachkommen wird ihm noch einmal verheissen. Gott hat Macht, Tote zu erwecken: Das ist die Botschaft der Osternacht. Er ist vertrauenswürdig, hält seine Treue durch und gibt die Toten nicht der Unterwelt preis (Antwortpsalm zu Gen 22). Das gilt für Abraham und Isaak und ihre Nachkommen ebenso wie für den Auferstandenen. Im österlichen Geheimnis, der Auferweckung Jesu, liegt wieder ein Segen: für die Gläubigen, die durch die Taufe Anteil an Tod und Auferstehung Jesu erhalten. Das Vertrauen auf Gott ist das Thema dieser Lesung – einst und heute: als Glaube, dass er Tote zum Leben erweckt. Gunda Brüske Geistlicher Impuls"In dieser Nacht, in der aus dem Dunkel das Licht entspringt, geht es um die Schöpfung als ganze. Es geht nicht nur um uns Menschen und das, was wir in der Schöpfung neu gestalten oder auch zerstören. Es geht um alles: um uns, um die Tiere, die Pflanzen, die ganze Natur, die ferne Sternenwelt. Es geht um die unendlichen Rhythmen der Zeit. Alles stammt von Gott. Alles aber nimmt einen neuen Anfang in dieser Nacht der Auferstehung. Ein neues Jahr der Schöpfung beginnt. Die Auferstehung ist neue Schöpfung. Wer in dieser Nacht getauft wird, ist neue Schöpfung. Das Alte ist vorüber. Alles ist wie am ersten Schöpfungstag."Georg Braulik, Norbert Lohfink LesetippGeorg Steins, Egbert Ballhorn: Licht - Wasser - Leben. Die biblischen Lesungen in der Osternacht. Regensburg: Pustet 2010. 152 Seiten. Ablauf1. Lichtfeier 2. Wortgottesdienst 3. Tauffeier 4. Eucharistiefeier Links |