Frucht bringenHerbstzeit – Erntezeit. Eine bunte Vielfalt heimischer Früchte und Gemüse füllt Marktstände und Vorratskammern – und ziert vielerorts die Kirchen. Eine erfolgreiche Ernte ist nicht selbstverständlich. Ihr geht viel Arbeit voraus, und trotz aller Bemühungen kann es wegen Unwetter, Schädlingen oder ausserordentlicher Naturereignisse Ernteausfälle geben. In früheren Zeiten war dies nicht selten eine existentielle Frage. Wenn im Herbst die Ernte eingefahren und der Wintervorrat gesichert ist, wird darum auch heute noch gefeiert: am Erntefest, am Winzerfest, an der Älplerchilbi. In der Freude über die Ernte geht auch nicht vergessen, Gott, dem Schöpfer allen Lebens, zu danken. Kein Aufwand wird für die farbenfrohe Ausschmückung der Kirche gescheut. Fülle der GabenIn der Messfeier tragen die Gläubigen zusammen mit den für die Eucharistie bestimmten Gaben von Brot und Wein weitere „Früchte der Erde und der menschlichen Arbeit" in Prozession zum Altar. Mit den Naturalien bringen sie ein Teil ihres Lebens vor Gott und vertrauen es ihm an: die aufgewendete Zeit und Mühe ihrer Arbeit, die Freuden und Sorgen eines Erntejahres. Auf diese Weise werden die Gläubigen sichtbar einbezogen in das Geschehen am Altar, in die Lebenshingabe Jesu Christi an Gott. Wie Brot und Wein verwandelt werden zu Leib und Blut Christi, so sollen auch alle, die an der Eucharistie teilnehmen, verwandelt und erneuert werden, damit ihr Leben reiche Frucht bringt. Das Gabengebet zum Erntedank lautet: „Herr, unser Gott, segne die Früchte der Erde, die wir in Dankbarkeit darbringen. Heilige Brot und Wein für das Opfer und lass uns durch den Empfang deines Sakramentes Frucht bringen, die bleibt für das unvergängliche Leben." Eine entfaltete Gabendarbringung, wie sie in der Messe zum Erntedank üblich ist, gehörte in den ersten christlichen Jahrhunderten zu jeder sonntäglichen Eucharistiefeier. Der Priester verwendete einen Teil der von den Gläubigen mitgebrachten Gaben für die Eucharistie; was übrig blieb, wurde an Bedürftige weitergegeben. Auch das heutige Messbuch hält fest: „Es ist wünschenswert, dass die Teilnahme der Gläubigen dadurch sichtbar wird, dass sie Brot und Wein für die Eucharistie oder andere Gaben bringen, die den Bedürfnissen der Kirche und der Armen dienen." In der Praxis werden die Naturalien meistens durch eine Geldspende ersetzt. Unterschiede in den Erntezeiten - Sonntage im HerbstDie katholische Kirche sieht für das Erntedankfest keinen eigenen Tag im liturgischen Kalender vor. Das hat verschiedene Gründe. Weil der Zeitpunkt der Ernte nach Erzeugnissen und Regionen unterschiedlich ist, lässt sich kein fester Termin bestimmen. Ausserdem richtet sich das liturgische Jahr nicht nach dem Wechsel der Jahreszeiten, sondern feiert die Heilsgeschichte Gottes mit den Menschen in Jesus Christus. Im Grunde ist jede Eucharistiefeier eine Dankesfeier. Dennoch reicht der Brauch, nach Abschluss der Ernte einen besonderen Gottesdienst zu feiern, bis ins 3. Jahrhundert zurück. Nach wie vor erfreut sich das Fest auch in unseren Breiten recht grosser Beliebtheit, obschon nur eine Minderheit der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig ist. Was macht die Faszination des Erntedankfestes aus? Ist es das Sinnbild des Wachsens und Reifens? Die Sehnsucht des Menschen, einmal die Früchte des Lebens ernten zu können? Jesus selber hat immer wieder Motive aus Natur und Landwirtschaft gewählt, um das Geheimnis menschlichen Lebens zu beschreiben: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht" (Johannes 12,24). Josef-Anton Willa
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Stichwort"Die Segnung der Erntegaben bedeutet:
Die gesegneten Erntegaben sollten in das gemeinsame häusliche Mahl einbezogen werden. Sie werden auch Armen, Kranken und alten Menschen gebracht." (Benediktionale) Geistlicher ImpulsFrüchte reifenzum Ernten. Was du nicht hergibst, verfault und verdirbt dich. Kyrilla Spiecker OSB (1917-2008) LesetippMarcus Lautenbacher, Erntedank. Gemeinde-, Familien- und Jugendgottesdienste. Regensburg 2008. Reihe: Konkrete Liturgie. LinksReligiöses Brauchtum im Herbst |