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Musik

Kirche sein in symphonischer Gemeinschaft

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Kirche sein in symphonischer Gemeinschaft

Glasfenster Alpha Omega Hermuelheim St. Severin thumbLiedimpuls 2 – Wie schön leuchtet der Morgenstern

"Wie bin ich doch so herzlich froh,
dass Christus ist das A und O,
der Anfang und das Ende.
Er wird mich doch zu seinem Preis
aufnehmen in das Paradeis;
Drauf fass ich seine Hände.
Amen, Amen.
Komm, o Sonne, meine Wonne,
bleib nicht lange:
Deiner wart ich mit Verlangen."

Philipp Nicolai (1556-1608)

Katholisches Gesangbuch 194, 7. Strophe

Viele Kirchenlieder schöpfen tief aus den biblischen Quellen. In diesem Lied leiht sich der lutherische Pfarrer Philipp Nicolai (1556-1608) Motive aus Psalm 45 und aus dem Hohenlied, aus dem Propheten Jesaja und vor allem aus dem letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes (= Offb). Das beginnt gleich in der ersten Zeile, denn wer ist der Morgenstern? Es ist nicht der Stern, der den Weisen aus dem Morgenland den Weg zur Krippe weist, sondern Jesus selbst. „Ich, Jesus, ... bin die Wurzel und der Stamm Davids, der strahlende Morgenstern.“ (Offb 22,16) Weil der Morgenstern der letzte, sehr helle Stern ist, bevor der Morgen anbricht, ist er ein Hoffnungszeichen: Die Nacht wird zu Ende gehen, auch der Tod wird nicht mehr sein. Christus, der Morgenstern, ist Trost für die Leidenden und Trauernden. Das war die Botschaft der Offenbarung an Christinnen und Christen, die im Römischen Reich unterdrückt wurden, und es war die Hoffnung Philipp Nicolais in den Tagen der Pest, die in seiner Stadt herrschte, als er das Lied dichtete und auch die Melodie schuf. Der Blick zum Morgenstern, zu Christus, der Alpha und Omega, Anfang und Ende ist (Offb 22,13), war keine Vertröstung aufs Jenseits, kein Ausweichen vor dem Diesseits, wo dieses einen Kampf um gerechtere Verhältnisse fordert. Diesen Kampf kann es gegenüber dem Tod durch die Pest nicht geben. Die Herausforderung ist eine andere: Kann der Dichter des Liedes, kann das Ich, das darin einstimmt, gegenüber dem Leiden anderer eine Haltung finden, die diesen Menschen Nähe schenkt, statt in den eigenen Ohnmachtsgefühlen zu ersticken? Für Philipp Nicolai war es der Ausblick auf den am Ende der Zeiten wiederkommenden Christus, der ihm das ermöglichte. Wieder lehnt er sich mit dem doppelten Amen und seinem Ruf an Worte aus der Offenbarung an: „Amen. Komm, Herr Jesus“ (Offb 22,20). Er wartet mit Verlangen und vorweggenommener Freude, denn auch dies steht im vorletzten Vers der Bibel: „Ja, ich komme bald“ (Offb 22,20). Wenn der Morgenstern aufgeht, naht der Tag.

Das Lied zum Hören auf Youtube

Gunda Brüske