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Musik

Kirche sein in symphonischer Gemeinschaft

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Kirche sein in symphonischer Gemeinschaft

Gott mit Geometer thumbLiedimpuls 12 – Ein ozeanisches Gefühl

„Grosser Gott, wir loben dich;
Herr, wir preisen deine Stärke.
Vor dir neigt die Erde sich
und bewundert deine Werke.
Wie du warst vor aller Zeit,
so bleibst du in Ewigkeit."

Ignaz Franz (1719–1790)

Katholisches Gesangbuch 175

Lieder wecken Assoziationen, Bilder, Erinnerungen. Bei „Grosser Gott, wir loben dich“ sehe ich eine freudig gestimmte Gemeinde in einer übervollen Kirche. Oder eine Bergmesse in freier Natur mit einem Bläserensemble, das den Gesang begleitet. Auf jeden Fall verbinde ich mit dem Lied eine feierliche, ja fast erhabene Stimmung. Und das geht nicht nur mir so. „Man muss es erlebt haben, mit welcher Urgewalt das ‚Grosser Gott, wir loben dich‘ erdröhnen kann, zum Beispiel im katholischen Gottesdienst nach der Fronleichnamsprozession, beim Wiedereinzug in die Kirche, wenn alle Glocken läuten, die Orgel ihr Äusserstes gibt und auch die, die sonst nur lustlos vor sich hinbrummeln, schmettern aus voller Brust. Ein Erschauern angesichts der Grösse Gottes oder ein Überwältigtsein vom ‚ozeanischen Gefühl‘ geht dann durch die Menge“, schreibt der Hymnologe Hermann Kurzke.

Das „Grosser Gott“ gehört zu den bekanntesten Kirchenliedern. Es wird über konfessionelle Grenzen hinweg in vielen Sprachen gesungen. Auch seltene Kirchgänger können leicht in die eingängige Melodie einstimmen. Und weil der Text der ersten Strophen allgemein gehalten ist, muss das Lied bei allen möglichen und unmöglichen Gelegenheiten herhalten. Es ersetzt manchmal sogar das Gloria oder das Sanctus. Dabei sollte man es für herausragende Feste reservieren. Dort passt es vor allem als krönender Abschluss eines Gottesdienstes, bei dem sich Dankbarkeit und Freude Ausdruck verschaffen.

Allerdings hat das Lied mehr zu bieten als das Verbreiten einer guten Stimmung. Wenig bekannt ist, dass es in seiner heutigen Fassung elf Strophen aufweist und auf einen lateinischen Hymnus aus dem 4. Jh. zurückgeht, das Te Deum (laudamus), das häufig auch bei politischen oder militärischen Zeremonien erklang. Die ersten fünf Strophen richten sich an Gott Vater, die übrigen an Christus. Es geht darin nicht nur um das Lob auf die Schöpfung und die Erlösung. Das Volk Gottes, das auf dem Weg ist durch die Zeit, bittet um Beistand und Segen im Bekenntnis: „Auf dich hoffen wir allein“ (11. Strophe).

Josef Willa

Das Lied zum Hören auf Youtube