Skip to main content

Praxis

Kirche sein mit aktiver Beteiligung

Praxis

Kirche sein mit aktiver Beteiligung

Tuer Barcelona Kathedrale thumbAnliegen-Sonntage

Für die meisten "aktiven" Katholiken ist der sonntägliche Gemeindegottesdienst der fast einzige Ort, an dem sie von kirchlichen Einrichtungen erreicht werden. Das bedeutet, dass Werke wie das Fastenopfer oder das Missionswerk und viele andere die Gelegenheit nützen müssen, um ihr Anliegen den Gläubigen in der sonntäglichen Messfeier oder Wort-Gottes-Feier nahezubringen.

Dabei verbinden sich auf glückliche Weise zwei Grundfunktionen der Kirche: die Liturgie und die Diakonie/Caritas, also die Liebe zu Gott und zum Nächsten. Ein Problem kann aus dieser Verbindung dann entstehen, wenn das Interesse, die Gläubigen zu informieren und um Spenden zu bitten, die eigenständige Bedeutung der Liturgie als Begegnung mit Gott in seinem Wort und in Gebet und Gesang überlagert.


Ein paar Einsichten und Regeln können helfen, ein ausgewogenes Verhältnis zu wahren zwischen dem, was die Gläubigen mit Recht in der Liturgie erwarten, und dem, was die Vertreter besonderer Anliegen in der Liturgie den Gläubigen vermitteln wollen.

  1. Die Gläubigen kommen zum Sonntagsgottesdienst, nicht zu einer Informations- oder Werbeveranstaltung. Ein Übergewicht in der Gestaltung des Gottesdienstes zugunsten eines bestimmten Anliegens kann zu Enttäuschung, Ärger und Ablehnung führen.
  2. Es sind die liturgischen Texte des Tages zu verwenden. In der Regel ist es kein Problem, zwischen einem Gedanken aus den Schriftlesungen und dem Anliegen einen Zusammenhang herzustellen.
  3. Bei der Auswahl der Gesänge gelten die üblichen Regeln: Die Ordinariumsgesänge Gloria und Sanctus können nicht durch irgendwelche Loblieder ersetzt werden. Ebenso ist die betreffende Kirchenjahreszeit zu beachten. Das besondere Anliegen kann gegebenenfalls im Eröffnungsgesang, beim Begleitgesang zur Gabenbereitung oder am Schluss zum Ausdruck kommen.
  4. Thematisiert werden kann das besondere Anliegen im Einführungswort im Rahmen der Eröffnung. Dabei ist zu beachten, dass die Einführung eine Hinführung zur Mitfeier des Gottesdienstes ist und kein Ort für ausführliche Informationen.
  5. Im Bussakt kann das Anliegen anklingen, ohne dass darin direkt oder indirekt unberechtigte Schuldzuweisungen erfolgen.
  6. In frei formulierten Rufen zum Kyrie kann um Gottes Erbarmen im Blick auf die Notleidenden gebetet werden.
  7. Oft wird es möglich sein, durch ein sehr kurzes Einführungswort zu einer Schriftlesung einen Zusammenhang mit dem Anliegen herzustellen.
  8. Die Homilie ist der geeignete Ort, das besondere Anliegen ausführlicher zur Sprache zu bringen. Dabei soll immer deutlich bleiben, dass die Homilie dazu dienen soll, das eigene Leben im Angesicht Gottes deutlicher zu sehen und es im weiteren Verlauf der Feier vor Gott zu tragen.
  9. In jedem Fall soll in den Fürbitten das Anliegen aufgegriffen werden. Der Eigenart der Fürbitten entspricht es, die Not leidenden Menschen gleichsam vor Gott zu tragen. Nicht angebracht ist es, direkt oder indirekt die Anwesenden oder Abwesende zu belehren und ihnen moralisierend Ratschläge zu erteilen – also nicht: "Lass uns ... (das und das tun)" oder "Lass die Regierenden erkennen, dass ..."
  10. Vor der Kollekte kann ein Hinweis auf die Verwendung erfolgen. Sinnvoll ist es, wenn(erwachsene) Vertreter etwa des Caritas- oder Missionskreises die Kollekte einsammeln. Bei besonderen Gelegenheiten kann auch ein Gabengang aller mit der Geldgabe vor den Altar ein schöner Ausdruck der Einheit von Liturgie und Diakonie und der persönlichen Hingabe sein.
  11. Bei den Dank- und Lobelemente nach der Kommunion kann das Anliegen noch einmal zur Sprache kommen.
  12. Insgesamt kann weniger mehr sein; eine Überfrachtung der Feier mit allzu viel speziellen Elementen wirkt penetrant und kann dem gewünschten Effekt schaden.

Eduard Nagel (10.12.2013)