Skip to main content

Praxis

Kirche sein mit aktiver Beteiligung

Praxis

Kirche sein mit aktiver Beteiligung

und gott gab uns sein wortDie Konzilsväter wollten eine zusätzliche Feier

In einem dünnen, handlichen Buch gibt die Liturgiewissenschaftlerin Gunda Brüske eine leicht lesbare, aber dennoch fundierte Einführung in Wort-Gottes-Feiern. Im Gespräch mit der SKZ erzählt sie, warum ihr dieses Buch ein Herzensanliegen war.
 

Wie kam es zur Idee zu diesem Buch?

Der konkrete Anlass waren meine Überstunden. (Lacht.) Ich beschäftige mich schon seit 17 Jahren mit Wort-Gottes-Feiern (WGF), habe Aufsätze darüber geschrieben und Kurse dazu gegeben. Ich wusste, dass es abgesehen von einem Kurs zum deutsch-österreichischen Feierbuch keine einführende Literatur zu WGFs gibt, und so kam die Idee, eine solche Einführung zu schreiben.
 

Von der Idee zum Buch ist ein weiterer Schritt ...

Aufgrund der Rückmeldungen aus den Kursen wusste ich bereits, was die Menschen interessiert und wo es noch Fragen gibt. So stellte ich eine Liste mit rund 60 Stichworten zu möglichen Artikeln zusammen. Ich wollte eine einfache Einführung, die jeder verstehen kann. Deshalb mussten die einzelnen Themen kurz sein, damit man quasi reinschnuppern kann. Die Leserin kann von vorne beginnen, der Leser kann aber auch da reinspringen, wo es ihn interessiert.
 

Sie schreiben: «Sonntägliche Wort-Gottes-Feiern wurden zum Ersatz für etwas, das sie nicht ersetzen können, selbst wenn die Kommunion ausgeteilt wird.»

Sonntägliche WGFs entstanden, wo Eucharistiefeiern am Sonntag aufgrund von Priestermangel entfielen. Für mich ist klar, dass die WGF die Eucharistiefeier nicht ersetzen kann, denn es ist auch mit Kommunionspendung keine Eucharistiefeier. Wenn man in diese Logik von «Ersetzen» reinkommt, wird man weder dem gerecht, was wir in der Messe feiern, noch den Gläubigen, die feiern. Als Konsequenz daraus folgt: Wenn WGF nicht Ersatz ist, dann muss sie etwas Eigenständiges sein, etwas, das durch die Verkündigung des Wortes Gottes geistlich nährt. Wie kann man nun erfahrbar machen, dass hier Christusbegegnung geschieht, wie dies im Zweiten Vatikanum und den nachfolgenden Dokumenten bis Verbum Domini unermüdlich gesagt wurde? Es reicht ja nicht, wenn wir eine
gute Worttheologie haben, die Menschen deren Gehalt aber nicht erleben können.
 

Das Zweite Vatikanum sah eigenständige WGFs vor?

Die Konzilsväter wollten eine zusätzliche Feier, die eine geistliche Kraftquelle ist. In der Liturgiekonstitution «Sacrosanctum Concilium» steht «sacra Dei verbi celebratio». Mit «sacra celebratio» gibt sie der WGF eine hohe Wertigkeit. Im Dezember 1963 wurde die Liturgiekonstitution verabschiedet und im April 1964 gab es einen liturgischen Kongress, an den Romano Guardini seinen berühmten Brief betreffend Liturgiefähigkeit schrieb. Der Kongress stand bezeichnenderweise unter dem Thema «Wort Gottes» als zentralem Thema der Liturgiekonstitution. Der Kongress begann und endete mit einer WGF unter der Leitung eines Bischofs. An den anderen Tagen gab es auch Eucharistiefeiern. Wie wäre das heute? Hätte es z. B. bei der Einführung des liturgischen Buchs in der Deutschschweiz eine WGF unter bischöflichem Vorsitz geben können? Leider wurde die ursprüngliche Intention der «sacra Dei verbi celebratio» aufgrund des Priestermangels vergessen und die Rezeption folgte der Linie des «Mangels».
 

Wie verhält sich das Liturgiebuch zur Feier?

Das Feierbuch ist das eine. Aber es ist ja nur das Skript zur Aufführung, es ist nur das, was vorbereitet ist, und real werden muss, live sozusagen. Dabei gebrauche ich gerne das Bild einer Schale für den menschlichen Part in der Liturgie: Die WGF ist die Schale und Gott gibt seinen Geist in diese Schale, wenn wir feiern. Der Akzent liegt bei der WGF natürlich auf der Wortverkündigung. Personen, die schon an WGFs teilgenommen haben, sagen: «Da geschieht etwas Neues, da erleben wir das Wort Gottes anders.»

Dieses Interview wurde geführt von Rosmarie Schärer, Schweizerische Kirchenzeitung (veröffentlicht in der Ausgabe 12/2022 am 16.06.2022)
Das Interview als PDF

Stand: 23.06.2022